Ein Denkmal retten

Die letzten Baracken des Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A

Nur wenige Baracken des ehemaligen Kriegsgefangenenlager Stalag VII A stehen noch – in nahezu originaler Substanz. Ein denkmalgeschütztes Ensemble, deutschlandweit einzigartig, aber doch vom Abriss bedroht!

Zeitschichten von 1939 bis heute

Die Gebäude spiegeln nicht nur eine bisher wenig beachtete Phase der NS-Zeit wieder, als in den Baracken des Stalag VII A Gefangene aus der ganzen Welt inhaftiert waren. Doch mehrere Zeitschichen bis zu uns in die Gegenwart lassen sich dort nachvollziehen.

Nach Kriegsende wurde das Lager bis 1948 als „Civilian Internment Camp No 6“ von der amerikanischen Militärregierung im Zuge der Entnazifizierung zur Inhaftierung deutscher Kriegsverbrecher, Amtsträger des Dritten Reichs und Unterstützer des Nazi-Regimes genutzt.

Ab 1948 fanden Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den früheren deutschen Ostgebieten in den Baracken des ehemaligen Lagergeländes eine neue Heimat. In den folgenden Jahren entstand daraus ein neuer Stadtteil, die heutige Moosburger Neustadt. Die Struktur des Lagers ist noch immer an der Straßenführung und manchen Gebäuden erkennbar.

Durch die Anwerbeabkommen der 1960er Jahre kamen zur Unterstützung der örtlichen Industriebetriebe viele türkische Gastarbeiter nach Moosburg. Sie wurden u.a. in den noch verbliebenen Baracken der ehemaligen Kaserne der Wachmannschaften einquartiert.

Schließlich fanden bis vor wenigen Jahren sozial Bedürftige und Obdachlose darin ein prekäres Zuhause.

Heute existieren noch drei Baracken dieser Kaserne und eine Gefangenenbaracke. Obwohl sie unter Denkmalschutz stehen, sind sie in schlechtem Zustand und stehen jetzt leer. Eigentümerin ist die Stadt Moosburg.

Ein Ort der Erinnerung und Identität

Größtes Interesse an den Baracken als authentischem Zeugnisort für die schlimme Erfahrung der Kriegsgefangenschaft besteht bei den Nachkommen ehemaliger Kriegsgefangener. Internationale Besucher, vor allem Franzosen und Amerikaner, kamen schon bald nach Kriegsende nach Moosburg, um ihren Angehörigen die Orte ihrer teils jahrelangen Gefangenschaft zu zeigen. Inzwischen sind es die Kinder und Enkel der Gefangenen aus aller Welt, die am authentischen Ort die originalen Gebäude sehen wollen. Familienerzählungen und erhaltene Fotos und Dokumente werden so vor Ort lebendig.

Auch die nachfolgenden Nutzungen als Werkzeug der Entnazifizierung und der neuen Heimat für Vertriebene und Gastarbeiter stößt bei den Nachkommen auf immer größeres Interesse. Die eigene Identität lässt sich nicht ohne die Erfahrungen und die Traumata der vorangegangenen Generationen denken.

Die Zukunft als Erinnerungs-, Begegnungs- und Lernort

Diese wichtigen baulichen Zeugnisse der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs und die nachfolgenden Nutzungen bilden die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ab und sollten in all ihren Facetten in der Erinnerungskultur eine angemessene Rolle spielen. Krieg, Flucht und Vertreibung, Migration, aber auch Versöhnung, Aufarbeitung der Vergangenheit, Demokratieentwicklung und das Finden einer neuen Heimat sind Themen, die hier am authentischen Ort dargestellt und im zeitgenössischen Kontext bearbeitet werden können.

Bisher wurde die Chance, die Baracken als Lernort pädagogisch zu nutzen, weitgehend vertan. Authentische Anschauungsbeispiele und bauliche Zeugnisse sind ein zentraler Baustein der politischen Bildung, da sie sich deutlich tiefer einprägen als reines Schulwissen.

Derzeit liegen die Baracken brach. Die erhaltene Gefangenenbaracke in Holzständerbauweise ist in einem so schlechten Zustand, dass ein dauerhafter Erhalt trotz der unlängst erfolgten Notsicherung fraglich erscheint. Die drei gemauerten Wachmannschaftsbaracken sind von guter baulicher Substanz und wären prädestiniert für die Umsetzung eines Dokumentationszentrums mit Museum, Archiv und Begegnungsort. Für zwei der Wachmannschaftsbaracken liegt ein Abrissantrag vor. Engagierte Bürger, der Stalag Moosburg e.V., das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzen sich dafür ein, dass diese deutschlandweit einmaligen Baracken erhalten und einer sowohl zeitgemäßen, als auch denkmalverträglichen Nutzung zugeführt werden.

Jetzt handeln!

Jetzt ist zunächst das regionale und überregionale Eintreten von Politikern aller Parteien, Institutionen der Erinnerungskultur, Fachleuten des Denkmalschutzes und von internationalen Einrichtungen für den Erhalt dieser Denkmäler notwendig. Eine zukünftige Trägerschaft für ein solches Dokumentationszentrum bedarf einer breiten Förderung – ideell, fachlich und finanziell.

Der Verein Stalag Moosburg e.V. und andere engagierte Bürger werben derzeit aktiv für Unterstützung. Bitte sprechen Sie uns an!

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